Auch wenn ich relativ viele Podcasts höre, bin ich privat kaum bei den großen Namen unterwegs. In meinen Abos finden sich eher trockene Nischenthemen aus den Bereichen Geschichte, Sicherheitspolitik, Geheimdienste und natürlich viel True Crime (obwohl das inzwischen ja eher Hype als Nische ist). Ergänzt wird dieses düstere Setup aber durch ein Schätzchen, das ich erst vor kurzem entdeckt habe: Secta, der Podcast über Sekten, Kulte, neureligiöse Bewegungen und Religionsgemeinschaften.

Vater dieses Podcasts ist Fabian, evangelischer Theologe und in diesem Umfeld schon seit einigen Jahren als Blogger aktiv. Und als Theologe beginnt er die erste Folge auch mit einer angenehm nüchternen Definition dessen, was er unter einer Sekte versteht und warum er diesen Begriff am liebsten vermeiden würde. Dieser wissenschaftliche Respekt zieht sich durch alle Folgen: So lernen Hörer natürlich die „Klassiker“ wie Jim Jones‘ People Temple und die Manson Family kennen. Er nimmt aber auch neue Bewegungen wie Shinchonji oder arriviertere Glaubensgemeinschaften wie die Mormonen und Zeugen Jehovas mit hinters Mikrophon. Und das alles ohne die übliche „Krass, was für Spinner!“-Attitüde, sondern stets analytisch und mit dem ehrlichen Anspruch, das jeweilige Glaubenssystem zu verstehen. Oder zumindest – je nach Destruktivität – dessen operative Funktion innerhalb der Gruppe aufzuzeigen. Gerade wenn im Ursprung christliche Gemeinschaften Thema sind, wird Fabians akademische Lupe sehr interessant. Je tiefer man nämlich in so manche Auslegungen, Vorstellungen und Dogmen einsteigt, desto mehr Raum für Kritik tut sich oft auf. Deswegen hat auch seine subjektive Einschätzung am Ende einer jeden Folge ihren verdienten Platz.

Secta kommt mit unterschiedlichen Formaten ums Eck. Den Kern machen sicherlich die tief recherchierten Folgen über einzelne Gemeinschaften aus. Diese werden hin und wieder durch „Sonderfolgen“ ergänzt, in denen einzelne Aspekte weiter vertieft werden oder z. B. Aussteiger zu Wort kommen. Darüber hinaus gibt es noch „Was sonst noch wa(h)r“, eine Art Newsflash, in dem Aktuelles kurz und knapp abgehandelt wird.

Warum diese ganze Lobhudelei für einen von zig Podcasts in meiner Playlist? Zum Einen natürlich, weil das ja das Wesen meiner „1000 Things I Like“-Reihe ist, zum Anderen hat der Podcast bei mir aber gleich mehrere Nerven getroffen. Abgesehen davon, dass das Thema an sich einfach sauspannend ist, sind mir religiöse Sondergemeinschaften (zumindest eine) auch familiär etwas vertraut. Das ist auch einer der Gründe, weswegen ich mit den üblichen Grusel-Reportagen über Sekten wenig anfangen kann. Das – und das schwäbische Timbre des Sprechers sorgt für ein bisschen wohliges Heimatgefühl. Aber auch ganz objektiv: eine sauber recherchierte, differenzierte und dabei auch immer amüsante Angelegenheit. Zum testweise Reinhöhren (wenn man nicht bei der Einführung anfangen möchte) empfehle ich Folge 16 mit Jehovas Zeugen, die ist ein guter Querschnitt.